Open Air-Filmfestivals gehören zum Sommer einfach dazu. Schade, dass viele Filmfans mit Beeinträchtigungen diese Festivals nicht besuchen können, weil Barrierefreiheit bei Open Air-Filmfestivals noch kaum üblich ist. Karin Chladek hat darüber mit Lisa Neumann gesprochen, die gerade das Kurzfilmfestival dotdotdot in Wien leitet.

Gleich vorweg: Vielen Kulturschaffenden ist es sehr wohl bewusst, dass es unterschiedliche Arten von Barrierefreiheit gibt. Lisa Neumann, Leiterin des Kurzfilmfestivals dotdotdot in Wien (Programm 11. Juli bis 06. September 2015), kennt die Unterschiede – und die Schwierigkeiten, ein Filmfestival zu finanzieren. Das ist ein Knackpunkt, denn laut Neumann muss Barrierefreiheit auf Filmfestivals noch extra finanziert werden. Mit ihrem Kurzfimfestival dotdotdot gehört Lisa Neumann zu den PionierInnen, denn dotdotdot ist bislang das einziges Filmfestival in Österreich, das für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen barrierefrei ist – jeweils freitags, nicht das ganze Festival über.

Aber das gesamte Kinderprogramm, das Ende August beginnt, ist für hörbeeinträchtigte Menschen barrierefrei. Es gibt Untertitel und GebärdensprachdolmetscherInnen. Für Menschen mit einer Gehbehinderung ist dotdotdot allgemein barrierefrei zugänglich. Das liegt am Veranstaltungsort, dem Volkskundemuseum in Wien, in dessen Garten die Kurzfilme gezeigt werden. Das Erdgeschoß des alten Palais, in dem das Volkskundemuseum angesiedelt ist, ist auch barrierefrei und es gibt auch eine rollstuhlgerechte Toilette.

Weiße Leinwand vom dotdotdot Open Air Kurzfilmfestival. Darauf der Schriftzug dotdotdot mit drei schwarzen Punkten. Davor steht die Festivalleiterin Lisa Neumann und spricht, neben ihr eine Gebärdensprachdolmetscherin.

(Quelle: dotdotdot.at)

Fehlende Sponsoren für Technik und Personal

Foto von der Festivalleiterin Lisa Neumann. Sie steht im Garten vor dem gelben Gebäude des Volkskundemuseums, neben ihr eine rote Rose. Sie trägt dunkelbraune Haare zum Zopf gebunden und ein elegantes beigefarbenes Kleid mit Kragen, ohne Ärmel und seitlich zwei kleinen Taschen auf der Hüfte. Sie lächelt in die Kamera.

Lisa Neumann, Festivalleitung
(Quelle: Ulrike Kozeschnik-Schlick, bz)

Als Grund, warum nicht mehr Festivals in Österreich barrierefrei sind, erklärt Lisa Neumann, dass Veranstaltungsorte generell so akzeptiert werden, wie sie sind, und dass kaum die Barrierefreiheit der Orte mitgedacht bzw. Anpassungen unternommen werden. „Barrierefreiheit auf Festivals erfordert Equipment und Personal. Das muss über Sponsoren extra finanziert werden, derzeit sind aber gerade große Unternehmen in Österreich eher am Sparen“, so Lisa Neumann.

Variable Ticketpreise als „soziale Barrierefreiheit“

Sie definiert „Barrierefreiheit“ auch weiter: Als soziale Barrierefreiheit, ganz konkret bei den Ticketpreisen. Tickets werden nach dem Pay-as-you-like-Prinzip verkauft. Es ist möglich, viel zu zahlen, wenig oder auch gar nichts. „Wenn jemand freien Eintritt braucht, warum auch immer, ist es nicht unsere Aufgabe, nach dem Grund zu fragen“, so Neumann.

Für nächstes Jahr ist angedacht, die Förderung von Barrierefreiheit bei dotdotdot – das mit dem ZEBRA Poetry Film Festival auch einen Berliner Partner hat – über EU-Mittel und das österreichische Sozialministerium sicherzustellen. Bleibt die Frage, wie Filmfestivals allgemein barrierefreier werden können, ohne dass sich jedes Veranstaltungsteam aufs Neue verausgaben muss. Dazu Lisa Neumann: „Barrierefreiheit müsste mitfinanziert und mit den allgemeinen Kosten zu decken sein. Also: Kein Add-on, sondern selbstverständliches Angebot wie z.B. Simultanübersetzungen von Gesprächen, die ja auch dazu dienen die Sprachbarrieren zwischen den DiskussionsteilnehmerInnen zu beseitigen.“

Zuschauerinnen und Zuschauer einer Filmvorführung auf dem dotdotdot Open Air Kurzfilmfestival in Wien. Im Hintergrund bunte Lichter und Bäume bei Nacht.

(Quelle: dotdotdot.at)

Dass in Deutschland Filme, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, diese Förderung seit 1. Mai 2013 nur dann erhalten, wenn sie mit mit Audiodeskription für blinde und sehbehinderte Menschen sowie mit Untertitelung für hörbeeinträchtigte Menschen ausgestattet sind, ist nicht allgemein bekannt, aber vorbildlich. Auch für andere Länder wie Österreich. Es stellt sich die Frage, warum ähnliche Kriterien nicht auch für Filmfestivals gelten.

 

Titelbild: Festivalsujet 2015, (Design: Stefanie Jörgler, dotdotdot)