In seinem Song „Klartext“ rappt Graf Fidi für einen Radiomoderator, wie er gerne in den Medien dargestellt werden würde – nicht als Opfer oder Held, einfach als Rapper.
Text
(Radiojingle „The Station with the Best music“ – Moderator): Einen schönen guten Abend, hier ist wieder euer Lieblingsmoderator…bei 78,8 Big City Radio, mein heutiger Gast hier bei Nighttalk ist der beste Rollstuhlrapper der Welt, Graf Fidi, der gerade sein brandneues Album „Ich mach das mit links“ gedroppt hat. Fiji, du leidest ja an einer Behinderung, sag mal, wie ist es so, an den Rollstuhl gefesselt zu sein?
(Fidi): Lieber Journalist, ich bin nicht an den Rollstuhl gefesselt, schreib doch lieber, dass ich Spaß hab und auch voll gut im Rap bin. Mhm, nein, ich leide nicht an einer Behinderung, ich fühl mich gut, so wie du, schreibt das auf, ich bin gesund. Durch solche Sätze entstehen negative Bilder, als wären wir hilflose, 10jährige Kinder. Ich bin 32 und kein Baby auf dem Wickeltisch, nur manchmal frag ich mich, haben die Medien das mitgekriegt? Ich schaff mir täglich einen Würgereiz nur mit der Sprache, ihr schafft mit Medien eine Wirklichkeit, die so nicht war ist, all diese Sprachbilder, Floskeln und Klischees sind etwa so wie „eine Frau muss gut kochen und sonst nix“. Kuckuck, ich bin weder Held noch bin ich Opfer, ich bin der Fidi aus Berlin, ein Mensch, der was im Kopf hat, und mein Leben ist kein schwerer Schicksalsschlag, mein Leben ist geil, sucht euch einen anderen, mit dem ihr Mitleid habt.
Refrain: Wir sind keine leidenden Opfer, wir sind wie jeder Mensch, der was Gescheites im Kopf hat, bitte lasst in Zukunft dieses Schubladendenken, Frauen sollen Traktoren und keine Schubkarren lenken, Verdammt ich bin Graf Fidi und kein leidendes Opfer, ich bin wie jeder Mensch, der was Gescheites im Kopf hat, wir haben einen Willen, machen das, worauf wir Bock haben, vielleicht werden wir Arzt, Papst, Pop- oder Rockstar.
Zurück zu ihrer Frage, nein ich werde kein Dachdecker, vielleicht ein Straftäter, mit einem Klappmesser, Spaß!, ich mache was mit Sprache, das klappt besser, ich werde bald Dozent und unterrichte das Fach „Rapper“; bitte schreibt nichts über Stereotypen, so Sätze wie „er kann ja nichts außer das Telefon hüten“
(Moderator): Kannst du schreiben?- (Fidi): Vollbluttexter, (Moderator): „Reimen? – (Fidi): Rollstuhlrapper – (Moderator): Singen? -(Fidi): Boygroupmember – (Moderator): Sprechen? –(Fidi): Leutekennlerner.
Macht Platz in euren Texten und werdet barrierefrei, auch ein Mensch mit Handicap will Fame und ist karrieregeil. Ein Mensch mit Handicap hat Freunde und hat Spaß, und lebt nicht voller Schmerzen, und heult sich in den Schlaf. Wir leben in der Zeit des Fortschritts der Inklusion, und dort, hat ein Wort wie „Sorgenkind“ nix zu suchen, deshalb wollte ich für mich und andere eine Lanze brechen, und zum Thema „Medien und Behinderung“ mal Klartext sprechen.
Refrain: Wir sind keine leidenden Opfer, wir sind wie jeder Mensch, der was Gescheites im Kopf hat, bitte lasst in Zukunft dieses Schubladendenken, Frauen sollen Traktoren und keine Schubkarren lenken. Verdammt ich bin Graf Fiji und kein leidendes Opfer, ich bin wie jeder Mensch, der was Gescheites im Kopf hat, wir haben einen Willen, machen das, worauf wir Bock haben, vielleicht werden wir Arzt, Papst, Pop- oder Rockstar.
Der Song „Klartext“ ist auf Graf Fidis neuem Album „Ich mach das mit links“.
Titelbild: Andi Weiland, Gesellschaftsbilder.de