Manche Menschen glauben, nur weil gehörlose Menschen nichts hören, lesen sie auch nicht gerne. Dabei ist die Auswahl an Zeitungen für gehörlose (und schwerhörige) Menschen sehr vielfältig. Clara Belz hat sich durchgeblättert.
Es herrscht das Vorurteil, dass sich gehörlose Menschen nicht für Geschriebenes interessieren und auch nicht lesen können. Tatsache ist, dass sie Deutsch als Zweitsprache in der Schule lernen, und die Gebärdensprache (DGS) ihre Muttersprache ist. Viele können aber lesen und tun dies auch gerne. Zeitschriften und Bücher werden zunehmend auch von gehörlosen Menschen verfasst und herausgegeben. Die Zeitschriften sind auch für hörende Menschen interessant, da diese sich informieren können, was in der „Deaf Community“ aktuell passiert. Der Begriff „Deaf Community“ wird in der Szene relativ oft verwendet, weil er zeigt, dass gehörlose Menschen eine eigene Kultur zu einer Gemeinschaft verbindet. Die Zeitschriften sind auch ein Bestandteil der Gehörlosenkultur.
Die „Deutsche Gehörlosenzeitung“ hat Tradition
Die Zeitschriften für gehörlose Menschen sind so vielfältig wie die Menschen, die zur sogenannten „Deaf Community“ in Deutschland gehören. Die Deutsche Gehörlosenzeitung (DGZ) ist zum Beispiel mit Abstand die älteste Zeitschrift von und für gehörlose Menschen in Deutschland. Einst war sie eine Vereinszeitung, die DGZ wandelte sich aber im Laufe der Zeit. Heute spricht sie eine jüngere Zielgruppe an. Es erscheinen Artikel zu aktuellen Themen, zum Beispiel bezüglich der politischen Teilhabe der Gehörlosen im neuen Teilhabegesetz, das dieses Jahr verabschiedet werden soll. Oder dem barrierefreien Notruf, der insbesondere für gehörlose Menschen wichtig ist, der aber bundesweit noch nicht verfügbar ist. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass viele Jugendliche die Artikel auf dem Schulhof oder im Freundeskreis diskutieren. Die DGZ erscheint einmal im Monat als Printzeitung, im Internet gibt es aber auch einige Leseproben.
„hearZONE“ – auch auf Social Media
Es gibt auch noch andere Zeitschriften wie die „Life in Sight“, die „hearZONE“ und „Das Zeichen“. hearZONE ist mit Abstand die jüngste Zeitschrift, erst nur online erschienen, mittlerweile gibt es auch Printausgaben. hearZONE unterscheidet sich von allen Zeitschriften, weil sie betont, dass sie sich an hörbehinderte Menschen richtet, dazu auch an „Hörgeräteakustiker, Hörende & Interessierte“, während sich die anderen Zeitschriften explizit an gehörlose Menschen richten. Viele Zeitschriften versuchen sich auf die Zielgruppe von Jugendlichen einzustellen, und nebenbei auch Onlineauftritte anzubieten, inklusive Facebook und Twitter. Die Themen bei hearZONE sind zum Beispiel: Hörbehinderte Menschen auf der Flucht, Porträts über hörbehinderte Menschen, die in der Gesellschaft was bewegen oder über Selbstständige, die eine Hörbehinderung haben.
„Das Zeichen“ – Politik und Wissenschaft
Auch bemühen sich die Zeitschriften möglichst aktuell zu berichten, zum Beispiel auch politisch in Hinblick auf das neue Teilhabegesetz. „Das Zeichen“ unterscheidet sich besonders von den anderen, weil es eine Fachzeitschrift zum Themenkomplex Gebärdensprachen ist und nur dreimal im Jahr vom „Institut für deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser“ und von der „Gesellschaft für Gebärdensprache Kommunikation Gehörloser e.V“ (GGKG e.V.) herausgegeben wird. Es ist die einzige Zeitschrift, die eine hohe Anzahl an wissenschaftlichen Artikeln hat. Es wird über aktuelle Forschungsergebnisse berichtet, z.B. aus den Deaf Studies der Universität Hamburg, oder auch Historisches über gehörlose Menschen. Zu den Themen Bildung und Erziehung gibt es ebenfalls etwas zu lesen. So geht es unter anderem um die Situation von gehörlosen Kindern an Schulen, die Forschung zur Gebärdensprachlinguistik, die Bildung gehörloser Kinder im Ausland oder das heiß diskutierte Thema der Inklusion. „Das Zeichen“ ist im Vergleich zu den anderen Zeitschriften im Umfang dicker und hat nur eine geringe Anzahl an Fotos. Das Design ist schlicht, wie man es von einer wissenschaftlichen Zeitschrift erwarten kann.
„Life in Sights“ – Lifestyle, Events und Kochrezepte
„Life in Sights“ hat sich darauf spezialisiert, über Events zu berichten und gibt Einblicke in Trends aus dem „Deaf Lifestyle“ Europas. Am Ende jeder Ausgabe gibt es ein Kochrezept zum Nachkochen. Sie erscheint alle 6 Wochen und berichtet zum Beispiel über das Event „Next Deaf Topmodel“, oder wenn Persönlichkeiten wie Signmark auf der Bühne auftreten. Auch hatte sie über die Veranstaltung „Shut up und sign speak“ berichtet, wo hörende und gehörlose Menschen auf der Bühne stehen und in Gebärdensprache oder in Lautsprache vortragen.
Persönliches Fazit
Es gibt also eine Vielfalt an Zeitschriften für gehörlose und hörbehinderte Menschen, und man hat somit die Freiheit, die Zeitschrift, die einen interessiert, zu abonnieren. Printmagazine von und für gehörlose Menschen tragen dazu bei, dass sich Leute der „Deaf Community“ repräsentiert fühlen. Außerdem liefern die Zeitschriften wertvolles Wissen über die Kultur der gehörlosen Menschen, oder auch aktuelle politische Informationen. Es ist von Vorteil, wenn sich hörende Menschen, zum Beispiel aus der Verwandtschaft, informieren können, wie man in der Deaf Community so lebt und es dann zu einem Austausch kommen kann. Die sozialen Medien wie Facebook und Twitter erleichtern es, Artikel und Videos mit Gebärdensprache auch unter hörenden Menschen zu verbreiten, und dadurch Interesse statt Vorurteile zu stärken. Für die Zukunft wünsche ich mir noch mehr interessante Zeitschriften über die Kultur der Deaf Community und den Austausch darüber.
Links
- Deutsche Gehörlosenzeitung : http://www.gehoerlosenzeitung.de/
- Life in Sight: http://www.life-insight.de/
- Hearzone: http://www.hearzone.net/