Diese Woche testete Jenke von Wilmsdorff auf RTL wie es ist mit dem Rollstuhl unterwegs zu sein. Die Reaktionen waren gemischt, manche fragten sich was „Räder-Deutsche“ seien und warum sich Rollstuhlfahrer nicht umarmen sollten. Wir haben auf Facebook und Twitter nach den Reaktionen gefragt.

Das Promiflash-Magazin betont den Erfolg (und die „Rollstuhlfesseln“):

Während der Ausstrahlung häuften sich schnell die Kommentare in JenkesFacebook-Profil, denn von seiner Aufklärungsarbeit waren die Zuschauer hellauf begeistert. Vor allem Menschen, die selbst mit einer Behinderung leben und an einen Rollstuhl gefesselt sind, lobten das TV-Gesicht für den unermüdlichen Einsatz.

Die Berliner Morgenpost meint abgesehen von tragisch-kitischiger Musik und der Deplatzierung der BIID-Patienten:

Das Experiment ist an diesen Stellen am stärksten: Wenn wir etwas über die Barriere und Hindernisse lernen, die körperlich Behinderte hierzulande Tag für Tag in Kauf nehmen. Das müssen gar keine riesigen Treppen an Bahnhöfen sein. Manchmal reicht eine Bürgersteigkante oder eine kleine Anhöhe. Jenke von Wilmsdorff setzt einen interessanten Punkt, als er sich minutenlang einen Hügel hinauf quält. Hätte er es doch bloß dabei belassen.

Der Focus fragt, ob die „Räder-Deutschen“ glücklicher seien:

Es sieht alles so unglaublich einfach aus. Auch wenn der zehnjährige Theo auf dem Skateboard durchs Bild flitzt. Er ist ohne Beine geboren. Der Junge sei, so der Selbstversuch-Reporter, glücklich über das, was er kann. Statt unglücklich zu sein, was er nicht kann. Ist das die Lehre? Sitzen die besseren Menschen im Rollstuhl? Sind die Räder-Deutschen glücklicher als die Zweibeiner unter uns?

Der Tagesspiegel sieht in Jenke einen eitlen Zyniker und fragt sich wie RTL seine Zuschauer sieht:

Keiner hat diese Experimente verlangt, für den Zuschauer zu saufen, für den Zuschauer zu kiffen, im Rollstuhl zu sitzen, im Sterbehospiz zu leben. Welches Zuschauerbild herrscht da vor? Vielleicht das des ahnungslosen, desinteressierten, stumpfen Zeitgenossen, der die dunklen Seiten der Wirklichkeit nur aus zweiter Hand und da am liebsten über die Medien wahrnimmt. Aber RTL und Jenke unterschätzen, sie blenden Empathie und Empirie aus. Drogenerfahrung ist keine exklusive Erfahrung. Behinderung und Sterben genauso wenig.

Blog „Mehrblickblog“ (Nadine Lormis) kritisiert u.a. die generelle Tonalität des Fernsehbeitrags:

Es lief wieder viel über die SCHICKSALS-Schiene, die Rollifahrer mussten wieder LEIDEN und waren TROTZ ihrer Behinderung doch LEBENSFROH und führten sogar Beziehungen (in denen der Mensch mit Behinderung der schwache, dankbare Part und der ohne Behinderung der starke Part sei). Auch die Rollstuhlfahrerin Carolin sprach zwischendurch (leider) immer wieder von ihrem Schicksal, dass sie trotz Behinderung meistert.

Meinungen auf Facebook

1: Manche Sachen waren ok, manches ging gar nicht. „Umarmen sich Rollstuhlfahrer“?

2: Dass lauter eloquente, gut aussehende Vorzeige- Rollis und z.B. keine schwerst mehrfach behinderten E-Rollifahrer vorkamen, kann man sicher auch kritisieren. Richtig unerträglich aber fand ich die Sache mit dem BIID. Das ist zwar ein reißerisches und daher quotenträchtiges Thema, hat aber doch mit den Problemen von Rollifahrern im Alltag rein gar nichts zu tun! Und dann widmen sie diesem Pseudo-Aspekt gleich ein Drittel des Films anstatt etwa über den Kampf mit den Krankenkassen / auf dem Arbeitsmarkt oder über Inklusion in der Schule zu berichten. Tragisch!

3: Wer schlecht sitzt, fährt auch schlecht! Da wird Jenke zusätzlich (und dass vermutlich von einem Sanitätshaus ???) behindert. Doch genau mit solchen Problemen kämpfen Eltern und Angehörige von Menschen mit Behinderungen und mit Rollis eben auch.

4: Ich fands krass, dass seine Freundin zu Wort kam und sagen durfte, dass so ein Rollstuhlfahrer schon ne üble Belastung für den Partner ist. DAS geht gar nicht! An anderer Stelle wars dann wieder total verharmlosend, als könnten alle per Knopfdruck pinkeln oder einen hochkriegen. (…)

5: Das mit der Freundin ließ tief blicken, deswegen fand ich es gut. Der Mensch, den man liebt, wird plötzlich nur noch als Belastung gesehen. Ich bin sicher, nicht wenige Beziehungen sind genau daran zerbrochen und viele andere kommen wegen der Angst vor der „Belastung“ und dem Vorurteil, was die Rollenverteilung in so einer Situation (stark vs. hilfsbedürftig) betrifft, gar nicht erst zustande.

6: Die Thematik mit den Problemen der Bahn z.B. oder das Drama wenn man ein Taxi bestellt, wurde sehr gut dargestellt.

7: Warum wurde z. B. nicht gezeigt, wie eine Rollstuhlfahrerin selbständig Auto fährt? warum gab es keine Bilder vom Rollstuhlsport?

8: Lieber Jenke, warum biste nicht zu mir nach Berlin gekommen, ich hätte dir gezeigt, wie aufregend & spaßig mein Leben ist!!!

9: Finde, es war eine Sendung mit guten Ansätzen. Es wurden viele Probleme angesprochen.

10: Ich habe mir von dieser Sendung letztendlich mehr erhofft, denn „behindert sein“ heißt nicht, dass man unbedingt dafür im Rollstuhl sitzen muss oder keine Beine hat. Es gibt Menschen, denen auf den ersten Blick nicht ansehen kann, dass sie behindert sind. Sie haben zum Beispiel Tourette, eine psychische Störung oder sie sind Autist.

11: Leider war das kein Beitrag zur Inklusion, sondern ganz im Gegenteil: eine herzliche Einladung zum Mitleidhaben….schlimm!

 

Reaktionen auf Twitter

Wer die Folge verpasst hat, kann sie sich hier nochmals ansehen.

Positive Kritik

http://twitter.com/holy_assbutt/status/448206221343215616

Negative Kritik

Allgemeine Feststellungen

Screenshot: Spiegel.de