Der weltberühmte Astrophysiker Stephen Hawking ist gestorben. Die Medien reagierten unterschiedlich auf die Meldung, einige mit Klischees, andere mit neuen Perspektiven. Ein Überblick.
Die University of Cambridge veröffentlichte eine Botschaft von Stephen Hawking (via FAZ):
Hawking und die Arbeit
Es fand sich in den Medien kaum ein Artikel, der so fokussiert auf Stephen Hawkings Arbeit einging, wie in der Süddeutschen Zeitung (1) , der die Krankheit erst später im Absatz mit neutralen Formulierungen erwähnte (Süddeutsche Zeitung 2). In einem weiteren Artikel in der Rubrik Medizin wird dann aber auch die ALS-Krankheit erklärt.
Was Stephen Hawking trotz seiner hochgeistigen Wissenschaft so zugänglich machte, war sein Humor und sein Hang zur Popkultur.
Hawking und die Krankheit
Viele Medien stellen die Krankheit ALS von Stephen Hawking in den Vordergrund, vor sein berufliches Schaffen. Viele übernahmen den Text der dpa, der genauestens seinen gesundheitlichen Zustand beschrieb:
„Hawking litt an der unheilbaren Muskel- und Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). Bereits seit Jahrzehnten war er fast völlig bewegungsunfähig, er saß im Rollstuhl. Schon seit langem konnte er sich nur noch mühsam mit Hilfe eines Computers verständigen. Zuletzt nahmen seine Kräfte immer mehr ab.“
Der FAZ-Journalist Hendrik Wieduwilt gab auf Twitter seinen Kolleg*innen den Tipp:
Pro-Tipp für Journalisten:
— Hendrik Wieduwilt (@hwieduwilt) 14. März 2018
Stephen Hawking war nicht an den Rollstuhl "gefesselt". Behinderte Menschen sind nicht unfrei.
Rollstuhlfahrer "sitzen" darin, meinetwegen "brauchen" sie ihn oder sind drauf "angewiesen".
Bessere Tipps dazu haben die @leidmedien.
- Die Tagesschau beschrieb bereits im Teaser seine Krankheit:
Als Physiker im Rollstuhl und mit Sprachcomputer kannte ihn die ganze Welt. Stephen Hawking trotzte ärztlichen Prognosen, lebte zuversichtlich und war stets für einen Scherz zu haben.
2. Bei SPIEGEL ONLINE wurde ein Erklärvideo zur Erkrankung ALS mitgeliefert.
3. Bei ZEIT ONLINE wurde noch konkreter auf seinen körperlichen Zustand eingegangen:
Berühmt als brillanter Geist, der wenig forscht, weil er, gefangen in einem unbeweglichen Körper, auf einen Hightech-Rollstuhl angewiesen ist.
4. Im Tagesspiegel wird seine Arbeit als Wissenschaftler „trotz Behinderung“ bewundert. Nach unserer Kritik versprachen sie den Text zu ändern (–> „Hawking war ein ungemein produktiver Wissenschaftler“).
Trotz körperlicher Beeinträchtigungen war Hawking ein ungemein produktiver Wissenschaftler.
5. Bei der BILD wird die Krankheit im Gegensatz zum beruflichen Werk fett markiert hervorgehoben, später nach einer Bilderserie wird vermehrt über sein Schaffen gesprochen, dann wieder mit dem Thema Sterbehilfe geendet:
Als das britische Oberhaus über Sterbehilfe diskutierte, trat Hawking vehement dafür ein, dass jeder Mensch das Recht habe, sein Leben beenden zu dürfen – er selbst tat es nicht.
6. In der Stuttgarter Zeitung wird viel Bewunderung für den „Bestseller-Autor mit schwerer Behinderung“ ausgesprochen:
Zur steten Verwunderung seiner Ärzte lebte er trotz der tödlichen Erkrankung noch mehr als 50 Jahre. Hawking saß seit Jahren im Rollstuhl und verständigte sich mit einem Sprachcomputer, der ihm eine monotone roboterhafte Stimme gab. (…) Sein wissenschaftliches Werken setzte er trotz der Einschränkung unvermindert fort. (…) Als Bestseller-Autor mit schwerer Behinderung – zeitweise konnte er einige Finger bewegen, später lediglich Muskeln in seinem Gesicht anspannen – wurde er zu einer der berühmtesten Figuren der Wissenschaft.
Englischsprachige Presse
Die Floskeln in der Berichterstattung und der Fokus auf die Behinderung findet sich auch in der englischsprachigen Presse: Laut ABC.net hat Hawking niemals aufgehört zu arbeiten, obwohl er sich einen großen Teil seines Lebens in seinem Rollstuhl aufhielt („And even though he spent much of his life in a wheelchair and communicating through a computer, he never stopped working.“); In der Vogue wurde er an den Rollstuhl gebunden („…he spent nearly all of his adult life bound to a wheelchair, dependent on a computerized voice system for communication.“) – genauso bei USA today („For decades, Hawking was confined to a wheelchair by a form of amyotrophic lateral sclerosis, or Lou Gehrig’s Disease, a neurological disease that handcuffs movement.“)
Der Guardian brachte einen interessanten Artikel und zeigte ein Video, in dem Hawkings Ideen einfach erklärt werden:
Reaktionen auf Twitter
Menschen mit Behinderung und weitere Medienschaffende machten auf Floskeln in der Berichterstattung aufmerksam. Menschen und Firmen, die Stephen Hawking inspirierend finden und zum Teil direkt mit ihm zu tun hatten, bedankten sich auf ihre Weise. Dabei wurde Inspiration unterschiedlich ausgelegt, die einen bewundern ihn für sein berufliches Schaffen, die anderen, weil er es „trotz Einschränkung“ geschafft hat.
Du kannst die Welt, die Zeit und das Universum erklären. Du kannst einer der klügsten Köpfe mehrerer Generationen sein. Aber am Ende wirst du auf deinen Rollstuhl und die Behinderung reduziert.
— Andi Weiland (@ohrenflimmern) 14. März 2018
Tut mir leid Stephen Hawking.
Der Tod von Stephen Hawking ist ein trauriger Anlass, diesen Hinweis zu wiederholen. pic.twitter.com/tWDa2XYQoF
— Floskelwolke (@Floskelwolke) 14. März 2018
immer wieder: der Rollstuhl bedeutet für uns FREIHEIT.
— RolliFräuleinelfe (@RolliFraeulein) 14. März 2018
Wir könnten ohne das Teil nirgendswo hin. https://t.co/jPyi1Koja2
„Remember to look up at the stars and not down at your feet. Never give up work. Work gives you meaning and purpose and life is empty without it. If you are lucky enough to find love, remember it is there and don't throw it away.“ #stephenhawking #stephenhawkingrip
— Suse Bauer (@revoluzZza) 14. März 2018
"Look up at the stars and not down at your feet" – Professor Stephen Hawking
— Cambridge University (@Cambridge_Uni) 14. März 2018
1942-2018 https://t.co/h8uWznhEpb pic.twitter.com/RVeQx2BTxP
Remembering Stephen Hawking, a renowned physicist and ambassador of science. His theories unlocked a universe of possibilities that we & the world are exploring. May you keep flying like superman in microgravity, as you said to astronauts on @Space_Station in 2014 pic.twitter.com/FeR4fd2zZ5
— NASA (@NASA) 14. März 2018
Eben gelernt: #StephenHawking hat mal eine Party für Zeitreisende veranstaltet. Die Einladungen dafür machte er allerdings erst hinterher bekannt – niemand kam. Für ihn der Beweis: Zeitreisen wird so schnell nicht möglich sein. #bestermann
— Mirko Drotschmann (@MrWissen2Go) 14. März 2018
Does anyone know the artist?
— Melody (@ScientistMel) 14. März 2018
This is has me…well…I am welling up#StephenHawking ? pic.twitter.com/AMgGcLmcVH
“there should be no boundaries to human endeavor. we are all different. however bad life may seem, there is always something you can do, and succeed at. while there's life, there is hope.”
— stanis la rochelle si ricorda lo zucchero filato? (@FedeDiGG) 14. März 2018
??#stephenhawking pic.twitter.com/RcAQEwSd0t
Sad to learn of the passing of #stephenhawking one of the great minds of our time. He showed the world that #disability is no barrier to great accomplishment.
— Jay Ruderman (@JayRuderman) 14. März 2018
My fav Hawking quote. Rest in Power! ???? #stephenhawking pic.twitter.com/a7jIXVBJ51
— ???STEVER ??? (@KARENSTEVER) 14. März 2018
Wir verabschieden uns mit einer Folge aus „Last week tonight with John Oliver„, in der Stephen Hawking zu Gast war:
Titelfoto: Screenshot von University of Cambridge Tweet