Der weltberühmte Astrophysiker Stephen Hawking ist gestorben. Die Medien reagierten unterschiedlich auf die Meldung, einige mit Klischees, andere mit neuen Perspektiven. Ein Überblick.

Die University of Cambridge veröffentlichte eine Botschaft von Stephen Hawking (via FAZ):

Hawking und die Arbeit

Es fand sich in den Medien kaum ein Artikel, der so fokussiert auf Stephen Hawkings Arbeit einging, wie in der Süddeutschen Zeitung (1)  , der die Krankheit erst später im Absatz mit neutralen Formulierungen erwähnte (Süddeutsche Zeitung 2). In einem weiteren Artikel in der Rubrik Medizin wird dann aber auch die ALS-Krankheit erklärt.

Hawking und die Popkultur

Zu seinen Ehren änderte ProSieben kurzfristig das Mittwoch-Programm und zeigt die Folgen von The Big Bang Theory und den Simpsons, in denen der weltberühmte Wissenschaftler auftrat (via DWDL). Der Stern sammelte Auszüge aus den Serien und schrieb im Teaser:

Was Stephen Hawking trotz seiner hochgeistigen Wissenschaft so zugänglich machte, war sein Humor und sein Hang zur Popkultur.

Stern

Hawking und die Krankheit

Viele Medien stellen die Krankheit ALS von Stephen Hawking in den Vordergrund, vor sein berufliches Schaffen. Viele übernahmen den Text der dpa, der genauestens seinen gesundheitlichen Zustand beschrieb:

„Hawking litt an der unheilbaren Muskel- und Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). Bereits seit Jahrzehnten war er fast völlig bewegungsunfähig, er saß im Rollstuhl. Schon seit langem konnte er sich nur noch mühsam mit Hilfe eines Computers verständigen. Zuletzt nahmen seine Kräfte immer mehr ab.“

Der FAZ-Journalist Hendrik Wieduwilt gab auf Twitter seinen Kolleg*innen den Tipp:

  1. Die Tagesschau beschrieb bereits im Teaser seine Krankheit:

Als Physiker im Rollstuhl und mit Sprachcomputer kannte ihn die ganze Welt. Stephen Hawking trotzte ärztlichen Prognosen, lebte zuversichtlich und war stets für einen Scherz zu haben.

Tagesschau

2. Bei SPIEGEL ONLINE wurde ein Erklärvideo zur Erkrankung ALS mitgeliefert.

3. Bei ZEIT ONLINE wurde noch konkreter auf seinen körperlichen Zustand eingegangen:

Berühmt als brillanter Geist, der wenig forscht, weil er, gefangen in einem unbeweglichen Körper, auf einen Hightech-Rollstuhl angewiesen ist.

Zeit Online

4. Im Tagesspiegel wird seine Arbeit als Wissenschaftler „trotz Behinderung“ bewundert. Nach unserer Kritik versprachen sie den Text zu ändern (–> „Hawking war ein ungemein produktiver Wissenschaftler“).

Trotz körperlicher Beeinträchtigungen war Hawking ein ungemein produktiver Wissenschaftler.

Tagesspiegel

5. Bei der BILD wird die Krankheit im Gegensatz zum beruflichen Werk fett markiert hervorgehoben, später nach einer Bilderserie wird vermehrt über sein Schaffen gesprochen, dann wieder mit dem Thema Sterbehilfe geendet:

Als das britische Oberhaus über Sterbehilfe diskutierte, trat Hawking vehement dafür ein, dass jeder Mensch das Recht habe, sein Leben beenden zu dürfen – er selbst tat es nicht.

BILD

6. In der Stuttgarter Zeitung wird viel Bewunderung für den „Bestseller-Autor mit schwerer Behinderung“ ausgesprochen:

Zur steten Verwunderung seiner Ärzte lebte er trotz der tödlichen Erkrankung noch mehr als 50 Jahre. Hawking saß seit Jahren im Rollstuhl und verständigte sich mit einem Sprachcomputer, der ihm eine monotone roboterhafte Stimme gab. (…) Sein wissenschaftliches Werken setzte er trotz der Einschränkung unvermindert fort. (…) Als Bestseller-Autor mit schwerer Behinderung – zeitweise konnte er einige Finger bewegen, später lediglich Muskeln in seinem Gesicht anspannen – wurde er zu einer der berühmtesten Figuren der Wissenschaft.

Stuttgarter Zeitung

Englischsprachige Presse

Die Floskeln in der Berichterstattung und der Fokus auf die Behinderung findet sich auch in der englischsprachigen Presse: Laut ABC.net hat Hawking niemals aufgehört zu arbeiten, obwohl er sich einen großen Teil seines Lebens in seinem Rollstuhl aufhielt („And even though he spent much of his life in a wheelchair and communicating through a computer, he never stopped working.“); In der Vogue wurde er an den Rollstuhl gebunden („…he spent nearly all of his adult life bound to a wheelchair, dependent on a computerized voice system for communication.“) – genauso bei USA today  („For decades, Hawking was confined to a wheelchair by a form of amyotrophic lateral sclerosis, or Lou Gehrig’s Disease, a neurological disease that handcuffs movement.“)

Der Guardian brachte einen interessanten Artikel und zeigte ein Video, in dem Hawkings Ideen einfach erklärt werden:

Reaktionen auf Twitter

Menschen mit Behinderung und weitere Medienschaffende machten auf Floskeln in der Berichterstattung aufmerksam. Menschen und Firmen, die Stephen Hawking inspirierend finden und zum Teil direkt mit ihm zu tun hatten, bedankten sich auf ihre Weise. Dabei wurde Inspiration unterschiedlich ausgelegt, die einen bewundern ihn für sein berufliches Schaffen, die anderen, weil er es „trotz Einschränkung“ geschafft hat.

Wir verabschieden uns mit einer Folge aus „Last week tonight with John Oliver„, in der Stephen Hawking zu Gast war:

Titelfoto: Screenshot von University of Cambridge Tweet