Seit einer Woche geht es im Netz mal wieder um die Frage: Welche Grenzen gibt es bei Witzen über behinderte Menschen? Ausgang war die Kolumne „Gurke des Tages“, in der sich die taz über den blinden Fußballspieler Robert Warzecha lustig machte. Kritik kam schnell von Grünenpolitiker Thomas Pfeiffer, der einen offenen Brief an die taz schrieb. Auch der Deutsche Behindertensportverband erwartete von der taz eine Entschuldigung – und Fußballspieler Robert Warzecha sowie andere Mitglieder der Blindenfußball-Gemeinde fanden den Witz wohl auch nicht lustig.
Nun hat auch Silke Burmester im Spiegel das Thema aufgegriffen und gefragt: „Leute mit Behinderung, was wollt ihr eigentlich?“, denn seien schlechte Witze und das nicht „Schönreden“ von Einschränkungen nicht auch ein Zeichen von Inklusion? Direkt folgte ein offener Brief von Bloggerin Mela Eckenfels, die sich erstmal eine generelle neue Perspektive in der journalistischen Berichterstattung wünscht.
Wenn es da also Unsicherheiten zwischen nicht behinderten und behinderten Menschen gibt, dann fragen wir doch einfach mal direkt auf Facebook nach. Das Ergebnis haben wir in die Kategorien „Schon gut so“, „Nicht so toll“ und „Mal mehr davon“ eingeteilt und noch ein paar Linktipps zusammengetragen. Fehlt noch was?
Schon gut so
- Witze über einen blinden Menschen oder einen Rollstuhlfahrer, da sich der Einzelne ja wehren kann
- schlechter Humor gehört evtl. zum Prozess der Inklusion dazu
- Witze von Freunden evtl. einfacher anzunehmen als von Fremden
Nicht so toll
- das Lachen verbieten und zu viele „beleidigte Leberwürste“
- Witze über Menschen mit sogenannten „geistigen Behinderungen“/ Lernschwierigkeiten machen
- Witze über behinderte Menschen nur behinderten Menschen erlauben
- alle behinderten Menschen in einer Gruppe zusammenfassen
- nicht behinderte uninformierte und unsensibilisierte Menschen vorschicken, die für behinderte Menschen sprechen
- Geschmack mit Humorlosigkeit verwechseln
Mal mehr davon
- gute/fiese/satirische „Behindertenwitze“
- gute Taten als endlose Diskussionen über Formulierungen
- Bewusstsein für Bedürfnisse, statt Trennung zwischen „Ihr“ und „Wir“
- Informationen über Behinderung vermitteln (z.B. Blindenfußball), statt nur Witze zu erzählen
Linktipps zu Witze über Behinderung
- Cartoons von Phil Hubbe
- „Lachen über das Andere“, Bericht von Rebecca Maskos über Claudia Gottwalds historische Analyse des Behindertenwitzes auf Mondkalb – Zeitschrift für das organisierte Gebrechen
- „Einen Witz machen, statt einer zu sein“, Bericht von Claudia Gottwald
- „Aua, huch, oh, nanu, uups, oje, hoppla, ach, seufz, o weh“, Kommentar von Blindenfußball.net
- „Witze über Menschen mit Behinderung – Gedanken zu Ableismus und Inklusion“, Bericht von Gudrun Kellermann
- „Was, Behindertenwitze?“ , Artikel von Raúl Krauthausen
- „Humor und Behinderung“, Kommentar von Franz-Josef Hanke auf dem Blog der Aktion Mensch
- „Lachen statt (mit)leiden“, Interview mit Comedian Martin Fromme bei DradioWissen
- „Geht ein Einarmiger in die Stadt…“, Interview mit Martin Fromme in der faz (weitere in SWR2, NDR)
- „Kennste den? Treffen sich zwei Blinde…“, Artikel auf respect.de von Anja Schimanke
- „Lachen verboten? Witzig oder geschmacklos?“, Bericht über Phil Hubbe und Rainer Schmidt bei Menschen – das Magazin (ZDF)
- „Nur Behinderte dürfen Witze über Behinderte machen“, Bericht über Cartoons von Jupe Haegler und Reto Meienberg auf SRF (Schweiz)
- „Witze über Behinderte macht keiner“, Bericht über ein Schulprojekt im Göttinger Tageblatt
- „Sprache ist Denken – Über den gedankenlosen Umgang mit Sprache“, Artikel von Dr. Peter Radtke
- „Leute mit Behinderung, was wollt ihr eigentlich?“, Kommentar auf rollingplanet.de
- „Amok Mama: Laughing inclusively at disabled people“, Kommentar auf exberliner.com
Update 11.12.13 (14:30h) – Die Mannschaft von Robert Warzecha (Blindenfußball) lädt Herrn Ringel & und die taz-Redaktion zum Freundschaftsspiel – Silke Burmester reagiert in den Kommentaren auf den Blog-Artikel von Mela Eckenfels
Titelbild: Screenshot Spiegel.de
Wäre für Leidmedien.de nicht der perfekte Zeitpunkt da, einen Leidfaden (sic!) für Humor über Menschen mit Behinderung zu erstellen? 🙂
ich erlaube mir mal, einen Linktipp des kleinen tapferen Gefahrgutbeauftragten beizufügen, ist zwar sowas von 2012, aber nichtsdestotrotz nach wie vor lesenswert: http://absolutobsolet.blogspot.de/2012/08/von-handicap-helden-judo-zwillingen-und.html
Also als Betroffener würde ich sagen, dass Witze von Behinderten über Behinderte ok ist. Da aber auch noch im eigenen Bereich. Also Rollstuhlfahrer über Rollstuhlfahrer. Alles andere würde ich eher als verletzend betrachten.
Ich glaube ich habe Witzig sein vergessen.
Lg Daniel
Gut gelungen, macht weiter so.