Am vergangenen Montag fand bei den SOZIALHELDEN ein Workshop zur Professionalisierung von bildenden Künstler*innen mit Behinderung statt. Veranstaltet wurde der Workshop von Diversity Arts Culture – Berliner Projektbüro für Diversitätsentwicklung in Kooperation mit den SOZIALHELDEN.
Zum Workshop angemeldet hatten sich Künstler*innen aus ganz Deutschland, die Fragen zur professionellen Aufstellung ihrer Arbeit und ihrer Person nach außen hatten. Wo kann ich mich aus- und fortbilden lassen? Wie vermarkte ich meine Arbeit am besten? Und natürlich die Frage, die sich wohl die Mehrheit der Kunstschaffenden stellt: Wie kann ich von der Kunst leben?
Die Gruppe bestand aus studierten Menschen und Autodidakten. Einige arbeiten freischaffend, andere in Werkstätten wie im Theater Thikwa und der Kunstwerkstatt Mosaik, oder als Kulturvermittler im Museum. Die Runde bestand beispielsweise aus einem sehbehinderten Maler, einer schwerhörigen Kunstvermittlerin, Fotografen und Künstler*innen mit Lernschwierigkeiten.
Fragen zu Aus- und Weiterbildung
Den ersten Input lieferte die Grafikerin Adina Hermann, die u.a von ihrem Studium des Kommunikationsdesigns berichtete. Als Rollstuhlfahrerin war sie darauf angewiesen, eine barrierefreie Universität zu finden und bewarb sich schließlich an der privaten Hamburger Akademie für Kommunikationsdesign und Art Direction. Dort wird man übrigens bei außergewöhnlicher künstlerischer Leistung auch mit Realschulabschluss angenommen. Für dieses Studium kann man Schüler-BAföG beantragen.
Hermann erzählte auch von ihrer heutigen Arbeit als Grafikerin bei den SOZIALHELDEN sowie ihrer freiberuflichen Tätigkeit. Sie gab den Teilnehmer*innen den Tipp, Social Media zu nutzen, um sich zu vernetzen und sich einen Namen zu machen. Außerdem erzählte sie, wo man seine Kunst über das Internet verkaufen kann, z.B. bei Portalen wie Artsy oder Junique.
Von seiner Akademie-Laufbahn erzählte ebenfalls Dirk Sorge. Er studierte an der Universität der Künste (UdK) in Berlin Malerei. Heute arbeitet er als freischaffender Künstler und Kulturvermittler im Museum, u.a. in Chemnitz. Sein Schaffen war zunächst von der Malerei geprägt, und entwickelte sich dann hin zu Computer- und Videokunst. Zu Anfang des Studiums erwähnte er seine Behinderung nicht, beschäftigte sich aber später künstlerisch mit seiner Sehbeeinträchtigung. So ließ er eine Augenoperation von sich aufnehmen und tätowierte sich in Form einer Live-Performance die drei Blindenpunkte auf die Brust.
Kommt die eigene Behinderung vor?
Die Frage, welche Rolle die eigene Behinderung in der künstlerischen Tätigkeit spielt, zog sich wie ein roter Faden durch den Tag. Auch die freie Kuratorin Kate Brehme gab den Teilnehmenden den Tipp, sich der eigenen Identität als Künstler*in bewusst zu werden. Sie organisiert Begegnungen zwischen Künstler*innen mit Behinderung weltweit, unter anderem auch über die Initiative Berlinklusion, die sich für einen inklusiven Kunstbetrieb von Künstler*in über Kurator*in hin zu barrierefreien Ausstellungsorten einsetzen.
Daran anknüpfend sprach die Malerin Annton Beate Schmidt darüber, dass man sich bei Residenzen und Stipendien auch als behinderte Künstler*in bewerben kann und Barrierefreiheit einfordern sollte. Schmidt arbeitete früher als Cutterin, lebte lange in Neuseeland und ist nun freischaffende Malerin in Brandenburg. Neben dem Einblick in ihre eigene Arbeit referierte sie zum Thema Social Media und Internetpräsenz. Leider gab es Teilnehmer*innen, die aufgrund des betreuten Wohnens nur sehr eingeschränkt Zugang zum Internet haben und sich deshalb dort nur bedingt präsentieren können.
Zum Ende des Workshops wurde noch über die eigene künstlerische Entwicklung diskutiert und die Teilnehmer*innen nahmen sich jeweils eine Aufgabe für den nächsten Tag mit. Ob endlich Internetzugang zu bekommen, ein aktuelles Bild fertig zu malen, oder nach Stipendien zu recherchieren – voller Elan verließen sie am späten Nachmittag die Runde mit dem Wunsch, sich weiterhin untereinander zu vernetzen.
Hilfreiche Links:
- Enterability hilft behinderten Menschen dabei, in die (künstlerische) Selbständigkeit zu kommen. Sie helfen auch dabei, einen Businessplan zu erstellen
- Plattformen für das Verkaufen von Kunst: Artsy oder Junique
- Die Studierendenwerke helfen bei Fragen zur Barrierefreiheit in den Universitäten, in Berlin kümmern sie sich auch um Anträge auf Assistenz.In anderen Bundesländern ist das Integrationsamt zuständig
- Fördermöglichkeit: Projektfonds kulturelle Bildung (von den Macher*innen von Kulturprojekte Berlin)
Bildergalerie:
Fotos: Andi Weiland / Gesellschaftsbilder.de
Inklusion ist, wenn kein Unterschied zwischen Künstler mit und ohne Behinderung mehr gemacht wird.