Andrea Schöne, freie Autorin u.a. für ze.tt

Zitat: Ich wünsche mir, dass Menschen im Kontakt mit mir Berührungsängste zugeben und mir nicht das Gefühl geben, dass ich mich wegen meiner Behinderung beweisen muss.

Jahrgang 1994, ist freie Autorin für ze.tt und den Fortbildungsradiosender afk max und studiert an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Außerdem ist sie Referentin und Autorin bei Leidmedien.de.

Für wen schreiben Sie gerade und wie sind Sie dorthin gelangt?

Während meiner Schulzeit schrieb ich für die Schülerzeitung und besuchte Journalismus-Workshops der young leaders GmbH. Über die Teilnehmer*innen erfuhr ich vom Jugend-Online-Magazin f1rstlife, für das ich später als Redakteurin zahlreiche Artikel zu den verschiedensten Themen veröffentlicht habe. Eine Mitarbeiterin von bento wurde wiederum auf meinen f1rstlife-Kommentar über die Darstellung von Kleinwuchs in der Süddeutschen Zeitung aufmerksam und interviewte mich über mein Leben. Über sie baute ich einen Kontakt zur Redaktion auf, schlug selbst Themen vor und wurde freie Autorin. Seit Beginn meines Studiums der Politikwissenschaft, Geschichte und Soziologie arbeite ich außerdem als Redakteurin und Chefredakteurin des Universitätsradios Radio Pegasus der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Ich absolvierte außerdem ein Praktikum bei dem Fort- und Ausbildungssender afk max (Lokalradio) in Nürnberg, für den ich nun als freie Mitarbeiterin arbeite.

Haben Sie die Behinderung im Bewerbungsschreiben erwähnt?

Bei meiner Bewerbung für ein Praktikum bei afk max habe ich meine Behinderung im Bewerbungsschreiben erwähnt und beschrieben, welche Hilfsmittel ich brauche. Leider stellte sich der Praktikumsort als nicht barrierefrei heraus. Dennoch haben wir eine Lösung gefunden.

Andrea lächelt in die Kamera und trägt einen Schal und eine blumige Bluse.

Welche positiven Erlebnisse gab es?

Da ich den Klingelknopf aufgrund meiner Größe nicht erreichen konnte, haben wir uns bei afk max darauf geeinigt, dass ich in der Redaktion anrufe, wenn ich morgens ankomme. Zwei Praktikant*innen trugen mein Rad, das ich als Hilfsmittel nutze, in den zweiten Stock.

Bei den Jugendmedientagen in München stellte man, um eine barrierefreie Teilnahme an allen Programmpunkten zu gewährleisten, für Teilnehmende mit Behinderung einen Shuttle-Service zur Verfügung. Die Gebäude, in denen alle Programmpunkte stattfanden, waren ebenfalls komplett barrierefrei.

Und welche Herausforderungen gab es?

Fehlende Barrierefreiheit ist in Medienunternehmen, zum Beispiel auch bei Pressekonferenzen, ein großes Problem. Das ständige Abfragen im Vorfeld, ob ein Pressetermin barrierefrei zugänglich ist, kostet sehr viel Zeit.

Meine Arbeit beim Radio ist etwas schwierig, da Tonstudios nicht auf meine Körpergröße ausgelegt sind und ich somit nicht alle Schalter gleichzeitig bedienen kann. Dabei benötige ich Assistenz. Aber natürlich kann ich ins Mikrofon sprechen. Auch die Voraussetzung bei Praktika, einen Führerschein zu haben, stellt für mich ein Problem da. Aufgrund sehr hoher Kosten für den Umbau eines Autos kann ich mir den Führerschein gerade noch nicht finanzieren.

Was wünschen Sie sich von Arbeitgeber*innen?

Ich wünsche mir mehr Offenheit gegenüber Journalist*innen mit Behinderung und dass Vielfalt als Chance für das eigene Medium erkannt wird. Außerdem wünsche ich mir, dass Berührungsängste offen zugegeben werden und mir Personen nicht das Gefühl vermitteln, dass ich mich wegen meiner Behinderung beweisen muss. Mein Vorbild ist Gary O‘Donoghue. Er ist blind und arbeitet für BBC News als Auslandskorrespondent in Washington. Das ist auch mein Berufswunsch.

Was empfehlen Sie künftigen Bewerber*innen für die freie journalistische Arbeit?

Ich empfehle viel Ausdauer und an sich selbst zu glauben. In der freien journalistischen Arbeit können Niederlagen immer wieder vorkommen. Das hat bei mir auch nicht immer etwas mit meiner Behinderung zu tun. Außerdem muss man Kontakte in der Medienwelt aufbauen und pflegen. Die Redakteurin von bento gab mir beispielsweise neben den Kontaktdaten zur Redaktion auch Tipps, wie man einen Artikel vorschlägt. Wichtig ist immer, die thematischen Schwerpunkte eines Mediums herauszufinden und was man selbst dem Medium an Wissen, Themen und Erfahrungen bieten kann.

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