Thomas Mitterhuber, Chefredakteur der Deutschen Gehörlosenzeitung

Zitat: Von Arbeitgebern wünsche ich mir Offenheit gegenüber Quereinsteigern mit unkonventionellen Bildungslaufbahnen und unterschiedlicher sozialer Herkunft weil diese einen Blick jenseits des Mainstream haben.

Jahrgang 1980, ist Chefredakteur der Deutschen Gehörlosenzeitung und Mitglied im DJV. Er arbeitete zuvor als Online-Redakteur. Während seines Studiums absolvierte er u.a. ein Praktikum in der Werbeagentur SERVICEPLAN.

Wie verlief Ihr journalistischer Werdegang?

Nach meinem Studium der Kommunikationswissenschaften arbeitete ich fünf Jahre als Online-Redakteur, zuletzt in leitender Position bei der Stiftung MyHandicap gGmbH, bevor ich zum heutigen Job bei der Deutschen Gehörlosenzeitung wechselte. Während meines Studiums absolvierte ich Praktika in einer PR- sowie in einer großen Werbeagentur.

Haben Sie die Behinderung im Bewerbungsschreiben erwähnt?

Bei meiner ersten Anstellung war die Behinderung ein Vorteil, da es sich um eine Webseite handelte, die sich primär an Menschen mit Behinderung richtet. Insofern habe ich meine Gehörlosigkeit erwähnt, ja – allerdings erst im unteren Teil des Anschreibens und zwar kurz und bündig, um sie nicht in den Vordergrund zu stellen. Ich hatte dabei auch kurz Lösungsmöglichkeiten für kommunikative Hindernisse aufgezählt.

Thomas Mitterhuber trägt eine schwarze Lederjacke und ein hellblaues Hemd. Er hat kurze blonde Haare und eine Brille.

Welche Probleme und Herausforderungen gab es?

Während meines Studiums bekam ich Gebärdensprachdolmetscher zur Seite gestellt. Allerdings war ich außerhalb der universitären Veranstaltungen bedauerlicherweise etwas isoliert, weil es einen Kraftakt bedeutet, sich mit Hörenden ohne Gebärdensprachkompetenz zu verständigen. In meinen beiden Anstellungen hatte /habe ich eine Arbeitsassistenz, die Beantragung an sich war problemlos.

In meinem ersten Job gab es zu Beginn Schwierigkeiten in der Kommunikation. Im Gegensatz zu Gesprächssituationen mit anderen Menschen, konnte ich meiner alten Redaktionsleiterin leider kaum von den Lippen ablesen, wir mussten schriftlich kommunizieren. Erst später begriff ich, dass es ein Fehler war, mich nicht um eine Mitarbeiterschulung für die hörenden Kolleg*innen in der Kommunikation mit Gehörlosen gekümmert zu haben.

Bei der Deutschen Gehörlosenzeitung ist das anders, meine Chefin und unsere freien Mitarbeiter beherrschen alle die Deutsche Gebärdensprache. Ich hatte das Glück, über eine sehr gute Schriftsprachkompetenz zu verfügen. Das haben leider nicht viele Gehörlose.

Was hätten Sie sich gewünscht?

Ich wünschte mir mehr Kollegen, mit denen ich mich hätte austauschen können. Außerdem hätte mich persönlich ein Volontariat bei einer Zeitung sehr interessiert und sicherlich auch weiterbringen können. Dennoch sah ich damals keine Möglichkeit, denn das Integrationsamt wollte keine Unterstützungsleistungen bei Volontariaten gewähren. Gerade das wäre für mich als Gehörloser wichtig gewesen, um die Redaktionsabläufe und den damit verbundenen Kommunikationsalltag kennenzulernen. Von Arbeitgebern in Redaktionen wünsche ich mir Offenheit gegenüber Quereinsteigern mit unkonventionellen Bildungslaufbahnen und sozialen Herkünften, die nicht der Norm entsprechen, weil diese einen anderen Blick jenseits des Mainstreams liefern.

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